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Texte

 
 

Alfred Kornberger aus der Sicht von Museumsdirektoren, Kuratoren, Sammler und Galeristen

Frauen, Fahrräder, Zeus, Affen und anderes"

Anmerkungen zur Malerei von Alfred Kornberger

Die Malerei ist bunt - bunt im Sinne von vielfältig, pluralistisch. Vieles ist gleichzeitig möglich: Abstraktes, Figuratives, Expressives, Konstruktives, Konzeptionelles, Politisches. Avantgarden lösen sich ab und bekämpfen sich. Traditionen werden bewacht und bewahrt. Neue Stile werden gepuscht. Und vieles, auch scheinbar sich widersprechendes, hat gleichzeitig seine Bedeutung.

In das Bewahrende, betont Malerische ist das Schaffen von Alfred Kornberger einzuordnen. „Der Bursch’ mit der Malerpratz’n war der Titel eines Beitrages, den ich einmal in der Zeitschrift „Visa“ (1985) geschrieben habe. Ich sah und sehe auch heute noch einen richtigen, guten (alten) Maler. Er ist einer, der hinlangt. Einer bei dem alles sitzt. Wirklich einer mit einer „Malerpratz’n“.

Und er hat auch etwas – das hängt mit seiner Malerpratz’n zusammen – von einem Bonvivant. Und das alles fließt in seine Bilder ein, in die Sinnlichkeit, die Vitalität, die Freude am Leben und Genießen, in den Optimismus. Wobei sich in letzter Zeit (Anm. Ende der 1980er) auch Züge des Skeptizismus und eines leisen Pessimismus einstellen. Und all das setzt Kornberger auch in Malerei um, in Pinselstriche, in Farbe, in Komposition. Gerne und sehr gekonnt kultiviert er auch das scheinbare Obszöne: so in seinen Bildern mit mehreren Frauen oder mit den Stripperinnen.

 

Zahleiche Bilder und Arbeiten auf Papier hat er auch den Tänzerinnen aus dem Moulin Rouge in Wien gewidmet: dominierend hier die „Künstlerinnen“, oft ins Exotische oder auch in eine Walküren-Erotik übersteigert, Frauen wie aus einem Fellini-Film, Domestiken oder Masken der Männer. Das Frau-Mann-Verhältnis ist in der gemalten Welt von Alfred Kornberger ein schwankendes, voll von Siegen, Triumphen und voll von Niederlagen.

Der gute Maler und ein exzellenter Zeichner

„Zeus bedrängt eine Frau“ ist der Titel eines Ölbildes von Alfred Kornberger. Es gibt etwa 100 Arbeiten des Künstlers zum Thema Zeus: Ölbilder, Gouachen, Pastelle, Zeichnungen mit Buntstift und Bleistift. Mal liebt Zeus, mal bestaunt er, mal bedrängt er, mal verwandelt er sich in einen Nebel. Warum? Vorher oder nachher? Darüber schweigt des Künstlers Höflichkeit. Seine Sache ist das Malen, nicht der Klatsch. Obwohl er bei seinen Zeus-Bildern und –Graphiken mit einem handfesten Symbol umgeht, wird er nie vordergründig symbolisch oder literarisch. Hervorzuheben ist, dass er das Sinnliche, Lustbetonte seines Themas vor allem umgesetzt hat in eine sinnliche, lustbetonte Malerei. Das machen die Farben, der Farbauftrag, die Geste des Malens, die Komposition deutlich.

 

Als Künstler ist Alfred Kornberger kein Vorwärtsdränger, eher bedächtig und sicher auch – trotz seiner Bonvivant-Neigung – irgendwie traditionsgebunden in seiner Grundhaltung, aber immer der gute Maler – und auch ein exzellenter Zeichner. Begonnen hat Alfred Kornberger 1977 mit dem Zeus-Thema. Damals machte er Zeichnungen von seinem Lieblingsmodell mit einem Fahrrad und nannte diese Serie „Zeus“: der Oberste der Götter mit seiner Neigung zu Liebesabenteuern vermännlicht sich in der Gestalt eines Fahrrades, eines immer abstrahierteren Stangengebildes, einer Maschine: Zeus der Männliche, der Verwandler, Konstrukteur und Konstruierter zugleich.

 

Auch in den Arbeiten des Künstlers verwandelt Zeus sich: die Fahrradgestalt trat zeitweise zurück, das Liebespaar trat immer mehr hervor, gekennzeichnet durch ein eigenartiges Sattel-Schädelgebilde. In einem Teil der Bilder Mitte der 1980er und dominiert dann wieder das oft sehr frei und impulsive gemalte Stangengebilde, manchmal sich verdoppelnd oder verdreifachend, oft in einem reizvollen Kontrast zu den weiblichen Formen.

Malerische Disziplin

So wie die Frauen, die Modelle zur Kunst von Alfred Kornberger gehören, so gehört auch das Atelier zu seinem künstlerischen Schaffen, als Ort der Arbeit, als Ort seiner Schülerinnen und Schüler, als Ort von Atelierfesten und Motiv mehrerer, formal gekonnter Interieur-Bilder. Hier zeigt Kornberger malerische Disziplin. So zu werten – und ihre malerische Qualität in der Zurückhaltung beweisend – sind auch seine Stillleben aus den achtziger Jahren. Gekonnte Bilder des Alltäglichen. Auch in der Verschiedenheit der Sujets – vom vollen Akt über das beherrschende Portrait bis zum abstrahierten Stillleben – zeigt Kornberger seine künstlerische, und hier auch seine geistige Vielfalt. Und dies wiederum sowohl in Ölbildern, Gouachen und Zeichnungen.

Beispielhaft für seine Vielseitigkeit sind sowohl sein kritischer Zyklus „Gedanken gegen die Macht“ (etwa mit dem grotesk-ironischen „General“, einer Arbeit Öl, Kreide auf Papier) als auch der apokalyptische Zyklus „Neid und Hass“ aus den späten achtziger Jahren. Hier klingt wieder Endzeitliches in seiner vitalen Malerei an, so etwa in den Heuschrecken-Bildern (Ende der 1980er), das einen ganz anderen Kornberger als den der Frauenbilder zeigt, nachdenklich, aber konkretisiert, und das ist entscheidend bei jeder guten Malerei, in Farben und Formen, in Farb- und Formbewegungen. 

Alfred Kornbergers zeichnerisches Können (vielen seiner großen Bilder gehen Zeichnungen voraus) manifestiert sich neuerlich in seinem Zyklus „Affe und Frau“ aus dem Jahr 1989. Mit wenigen Tusche-Strichen, manchmal mit layierender Tusche und später dann auch mit Aquarell-Farben - am präzisesten für mich sind hier aber die reinen Schwarz-Weiß-Blätter - umreißt er das zeitweise auch tragisch-groteske Spiel zwischen den Geschlechtern. Mal ist es Annäherung, mal ist es Tanz, mal ist es Verlockung und Zurückweisung, mal ist es Masturbation, oft Dressur. 

Die Qualität verdichtet sich eindrucksvoll

Dieser „Affe und Frau-Zyklus“ ist im Schaffen von Alfred Kornberger als Kontrastpunkt zu dem „Zeus-Zyklus“ aus den späten siebziger Jahren zu sehen. „Der Mann, der kleine Affe, den hier die Frauen dressieren. Es ist die Umdrehung des Zeus. Da war der Mann der Angreifer“, so kommentiert der Künstler seinen neuen Zyklus. Skeptizismus klingt an. Es sind auch mehr als zwölf Jahre seit dem Zeus vergangen. Ungebrochen bleibt nur die zeichnerische Qualität, auf vielen Blättern hat sie sich gegenüber früher weiter eindrucksvoll verdichtet.

Überblicke ich fast zwanzig Jahre (1970 bis 1990) Malerei und Graphik von Alfred Kornberger, so komme ich zu dem Schluss: Wenn die malerische Malerei, die traditionsgebundene, an Expressionismus und vor allem auch an den französischen Fauvismus anschließende, in unserer Zeit (Anm. 1990) der vielen Tendenzen und Moden eines Fürsprechers bedarf, so findet diese Position in Alfred Kornberger und seinem Schaffen sicher einen solchen.

Dieter Schrage (Kunstkurator; aus erster Monografie „Alfred Kornberger - Bilder und Grafiken – 1954 bis 1990“; Edition Alfred Kornberger, Wien 1990).

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„Der Akt als Innovation"

Die Kunst in Österreich im 20. Jahrhundert kennt eine Reihe prominenter Künstler, die eine besondere Vorliebe für das weibliche Aktmodell hegten. Hier ragt vor allem Gustav Klimt heraus, der einer weiblichen Ästhetik huldigte, die den Frauentypus des Fin de Siècle entscheidend prägte. Mit raschen Bleistiftkonturen hat Klimt seine Aktmodelle auf tausenden von Blättern festgehalten. Ähnlich wie Kornberger hat Klimt häufig vor demselben Modell in rascher Folge gleich mehrere Versionen aus unterschiedlichem Blickwinkel geschaffen. Stets bleibt Klimt an der Ästhetik der weiblichen Schönheit haften, kaum dringt sein Blick in die psychologische Ebene seiner Modelle.

Anders hingegen fasst der junge Egon Schiele die Arbeit mit Modellen auf. Nicht selten werden individuelle Züge seiner Modelle zum Anlass genommen, um Gesichtsausdruck und Gestik expressiv zu übersteigern. Der formale Anspruch von Schieles Aktdarstellungen in Bleidtift, Gouache oder Aquarell geht weit über Klimt hinaus. Schiele macht bereits mit der Art, wie er Modelle ins Bild setzt, wie er ihr Verhältnis gegenüber dem Leerraum definiert, sie zuweilen abschneidet und fragmentiert, eine wesentliche Aussage über die Befindlichkeit der dargestellten Personen. Expressive Gestiken und eigenwillige Körperverrenkungen tragen weiters dazu bei, dass der Betrachter angesichts einer solchen eigenwilligen Sichtweise des Künstlers nicht selten überrascht und ratlos reagiert. Auch Alfred Kornberger überrascht den Betrachter immer wieder mit höchst ungewöhnlichen Fokussierungen auf bestimmte Körperpartien oder Ausdruckspotentiale seiner Modelle.

Sowohl bei Klimt als auch bei Schiele kann man von einer Obsession des Künstlers gegenüber dem weiblichen Akt sprechen. Die österreichische Kunst kennt aber auch den Fall, dass ein männlicher Künstler eine Obsession gegenüber dem männlichen Akt empfindet. Von Anton Kolig, einem Generationsgenossen Schieles, sind an die dreitausend Zeichnungen bekannt, die er dem männlichen Akt gewidmet hat. Charakteristisch für Kolig ist die über Jahrzehnte hinweg gleich bleibende Motivwahl. Stets zeigt Kolig junge attraktive Männer, die in völlig entspannter, passiver Lage auf einem Bett oder Sofa liegen und sich keinerlei Aktivitäten hingeben. Gegenüber den Aktdarstellungen Klimts, Schieles und auch Kornbergers überrascht bei Kolig die Präzision der Zeichnung. So findet sich in seinen Blättern keine sinnliche Ästhetik oder expressive Übersteigerung, sondern es herrscht ein strenger Naturalismus, der die Männerkörper in einer kontrollierten, fast sterilen Linearität festhält

Aktdarstellungen gehören zum fixen Repertoire vieler Künstler der frühen Moderne in Österreich. So hat Herbert Boeckl den Hauptteil seines malerischen und zeichnerischen Œuvres gleichfalls dem weiblichen Akt gewidmet. Boeckls Werk, das sich von der Zwischenkriegszeit bis in die frühen 1960er Jahre erstreckt, zeigt den Akt in einer großen stilistischen Bandbreite, die sich zunächst in einer gestisch-expressiven, später in einer figurativen Flächenmalerei weit von jeglicher akademischen Ästhetik entfernt. Andere Maler wiederum betonen auch noch im fortgeschrittenen Jahrhundert die am akademischen Ideal geschulte Schönheit der Weiblichkeit, wie etwa der oberösterreichische Maler Anton Lutz, der noch in hohem Alter bis weit in die 1980er Jahre hinein dem Akt in einem impressionistischen Naturalismus huldigt.

Kornbergers Beitrag zur österreichischen Malerei des zwanzigsten Jahrhunderts liegt zum einen in der Ausschließlichkeit, die er dem Motiv des weiblichen Aktes in seinem Œuvre einräumt. Es gibt kaum einen vergleichbaren Fall, wo ein Künstler sich dermaßen in sein Atelier zurückgezogen hat, kaum gereist ist, sich wenig um den übrigen Galerien- und Ausstellungsbetrieb gekümmert hat, nur aus dem einen Grund, um möglichst jede freie Minute für die Arbeit mit Aktmodellen verwenden zu können. Den Wunsch nach Gesellschaft erfüllte sich Kornberger am liebsten dadurch, indem er möglichst viele Aktmodelle in sein Atelier einlud. Kornberger huldigt in seinem Werk einem Frauenideal, das nicht der trivialen Ästhetik einer vordergründigen Erotik genügt. Seine Bilder bieten reiches Material für einen vielfältigen Diskurs zwischen stilistischer Variation und reiner Malerei.


Zum anderen reflektieren Kornbergers Werke in dichter Abfolge die stilistischen Entwicklungen der rund fünf Jahrzehnte von 1956 bis 1996. Von der Rezeption Picassos über die glatte Ästhetik der Pop Art bis zur gestischen, farbintensiven Neofigurativität der 1980er Jahre reicht die stilistische Klaviatur, auf der Kornberger meisterhaft zu spielen versteht. Zudem zählt Alfred Kornberger zu den größten Koloristen in der Malerei des ausgehendenzwanzigsten Jahrhunderts. Noch vor der Form ist Farbe für Kornberger der wichtigste Aussagefaktor in seinen Bildern. In einem atemberaubenden malerischen Schwung und Gestus schafft Alfred Kornberger in jedem Bild neu die Einheit von formaler Durchdringung und farbiger Gestaltung. Selten hat ein Künstler so radikal und ausschließlich einer reinen Malerei gehuldigt wie Alfred Kornberger.

Franz Smola (Kunstkurator; aus Monografie „Der Akt als Innovation“, Brandstätter Verlag, Wien 2007)

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Alfred Kornberger... 

... und seine ersten Bilder sahen wir im Jahre 2007 bei einer Kunstmesse. Der Zyklus „Der Schrei“ beeindruckte uns dermaßen, dass wir ein Bild sofort kauften. Wir kannten den Künstler nicht – aber von diesem Moment sollte er uns nicht mehr loslassen. 

Alfred Kornbergers Bilder sind lebendige, spannungsgeladene, oftmals geheimnisvolle Arbeiten. Sie leben, im wahrsten Sinne des Wortes, von einer farbintensiven, expressiven Dynamik und Gestik. Das gilt für seine Aktmotive, für seine Gegenständlichen Arbeiten und insbesondere für seine gestischen Figuren. Nahezu jedes Werk beinhaltet ein dramaturgisches Konzept, eine Komposition. Kornberger versteht es wie kein anderer Maler mit unbemalten weißen oder flächig übermalten dunklen Flächen eine oftmals regelrecht unangenehme Spannung zu erzeugen – oder Freiräume für eigene Interpretationen zu schaffen und zu fordern.

Alfred Kornberger war ein genialer manischer Maler im positiven Sinn. Ein ständig suchender, entdeckender und umsetzender Künstler. Einer, der seinen eigenen höchsten Ansprüchen genügen musste. Ein unermüdlich fleißiger Arbeiter (mit einem Werkumfang von rund 4.000 Öl- und Papierarbeiten). Ein schwieriger, vielseitiger und vielschichtiger Charakter. Ein Mann, der die Frauen liebte und verehrte und den die Frauen liebten und verehrten. Einer, der gegen alle Konventionen des Kunstmarktes agiert und unbeirrbar seinen Weg gegangen ist. 

In unserer mittlerweile knapp 30 Jahre dauernden Beschäftigung mit den bildenden Künsten haben wir wenig vergleichbare Maler entdeckt. Alfred Kornberger hätte bzw. hat Qualität und Vielfalt für eine internationale Karriere. Wir teilen die Vergleiche von Kunsthistorikern und Museumskuratoren mit Egon Schiele. Aus unserer Sicht gilt das aber „nur“ für den weiblichen Akt, gleichwohl die Königsdisziplin in der Malerei. Es gibt wenig Künstler, die sich nach Egon Schiele ähnlich intensiv und gekonnt mit dem weiblichen Akt beschäftigt haben wie Alfred Kornberger. 

Kornberger hat aber immer wieder auch andere Themen aufgegriffen, die nicht nur für sein Werk, sondern auch in der Kunst seiner Zeit völlig außergewöhnlich sind. Das gilt insbesondere für seine Gegenständlichen Werke und für seine gestischen Motiven mit den zahlreichen Portraits, Figuren und Szenen, die er in seiner unnachahmlich farbintensiven Dynamik festgehalten hat. Er hat damit jedes Mal auch eine eigene künstlerische Sprache geschaffen. Pure Avantgarde gepaart mit perfektem Handwerk.

Kornbergers Bilder beinhalten immer wieder neue Entdeckungen, auch noch lange Zeit später. Das gilt für die Auflösung bestimmter Figuren-Arrangements, für das Sichtbarwerden einer übermalt geglaubten Person (die dann plötzlich zum Mittelpunkt wird) oder auch für versteckte Darstellungen von ihm selbst. Ähnlich wie Alfred Hitchcock in seinen Filmen, so hat auch er sich in vielen seiner Bilder versteckt oder bewusst miteinbezogen, man muss ihn nur entdecken und dabei nie seine Lust an der Abstraktion vergessen. Seine Bilder werden niemals langweilig, seine Arbeiten fordern eine intensive Auseinandersetzung, seine Bilder sprechen. Ähnlich wie Filme und auch auf Leinwand – festgehalten für die Ewigkeit. 

Michaela und Christian Czaak (als Sammler und Galeristen; aus Katalog „Das Spektrum des Universums“, Wiener Künstlerhaus, Wien 2013).

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Alfred Kornberger, ein Bonvivant mit Malerpratzen im Künstlerhaus"

Einen mit einer Malerpratzen und einen Bonvivant hat Dieter Schrage, der wichtigste kuratorische Wegbegleiter Alfred Kornbergers, ihn genannt. Von dieser Sorte gab und gibt es nicht so viele und wenn so einer im Künstlerhaus ausgestellt wird, muss dies auch gebührend gewürdigt werden.

Zu Lebzeiten hat er selbst im Künstlerhaus ausgestellt, dem er seit 1979 angehörte und das ihn 1990 auszeichnete. Das war 1989 und in der Ausstellung hatte ich – damals im Niederösterreichischen Landesmuseum tätig – meine erste Begegnung mit der markanten Künstlerpersönlichkeit Kornbergers. Die Begegnung führte zu weiteren Ankäufen durch das Land Niederösterreich, denen nachhaltig in Erinnerung gebliebene Atelierbesuche vorangingen. Zu einer Ausstellung ist es nicht gekommen, er lebte ja und es gab so viel aufzuarbeiten damals, gab es doch viel ältere und manche schon verstorbene Künstler, die ein markantes Werk geschaffen hatten, das mehr oder weniger unsichtbar geblieben war oder drohte, in Vergessenheit zu geraten. 

Umso mehr freute ich mich, als 2007, fünf Jahre nach dem viel zu frühen Tod von Alfred Kornberger das große, dem „Akt als Innovation“ gewidmete Werk von Franz Smola erschien und nun der Sammler und Galerist Christian Czaak mit der Idee einer Kornberger-Retrospektive im Künstlerhaus auf mich zukam. Ihm und der Familie des 2002 verstorbenen Künstlers, gemeinsam mit der Kunsthistorikerin und Kuratorin Gabriela Koschtzky-Elias ist es zu verdanken, dass es in dem Jahr, in dem Alfred Kornberger seinen 80. Geburtstag gefeiert hätte, fast ein Vierteljahrhundert nach der ersten zu einer zweiten großen Kornberger-Ausstellung im Künstlerhaus kommt.

In einer Zeit, in der die Kunst manchmal etwas flachatmig geworden zu sein scheint und viele Kunstschaffende ihre Lebensmodelle aus kunstfernen Lebensbereichen beziehen oder meinen, diesen folgen zu müssen, weil die eigenen nicht mehr zu taugen scheinen, erscheint es mir umso wichtiger, „outstanding personalities“ wie Alfred Kornberger in Erinnerung zu rufen, dem Kunst und Leben eins waren, wofür das Atelier als lebendiges Symbol stand, in dem sich die Lebenslinien vieler trafen und kreuzten wie jene in einer Handfläche. Möge es in der Ausstellung im Künstlerhaus genau so sein und möge das hier vorliegende Buch in die Hände vieler geraten!

Peter Zawrel (Geschäftsführer Künstlerhaus; aus Katalog „Das Spektrum des Universums“ ; Wiener Künstlerhaus, Wien 2013).

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„Alfred Kornberger aus der Sicht des Kunsthändlers"

Er war sowohl ein Stiller als auch ein Revolutionär. Mit seinem Talent und der „Malerpratzn“ schuf Alfred Kornberger ein Meisterwerk der Superlative! Schon früh nahm er die expressionistischen Einflüsse eines Schieles, Picassos oder Braques auf - und fand in der Folge seinen eigenen, unverkennbaren Ausdruck der leidenschaftlichen Malerei. Ein gigantisches Werk repräsentiert die Genialität dieses Künstlers und wird nun in Memoriam Alfred Kornberger zu seinem, leider nicht mehr erlebten 80igsten Geburtstag auf mehreren musealen und öffentlichen Plätzen präsentiert. 

Wir eröffneten 2007 in unserer Galerie erstmalig das Werk einem breiten Publikum, mit dem eigens erstellten Werkverzeichnis der Ölbilder. Es war eine sehr aufwendige und spannende Arbeit, in der wir Alfred Kornberger als Künstler und Menschen einschätzen lernten und einen starken emotionellen Zugang zum Werk des Künstlers fanden. 

Malerei ist für ihn ein Medium, ein Transformator übersinnlicher Schwingungen um Sichtbares mit Unsichtbarem zu vereinen. Alfred Kornberger empfindet die Leinwand als Plattform für seine Performances, die er als Darsteller für manch skurrile Rolle nützt. Einmal sieht er sich gezähmt und unterwürfig doch meistens entbrennend, in enthusiastischer kontemplativer Arbeit. 

Seine wichtigsten Leinwandgrößen sind Akte. Aus den anfänglichen idealisierten, göttlich weiblichen Gestalten werden die Darstellerinnen sinnlicher und hitziger. Ein Ortswechsel vom Atelier ins Varieté eröffnet dem Künstler neue Perspektiven. Im Moulin Rouge Zyklus findet Kornberger zur Bewegung und lässt zukünftig seine Bilder durch Strich und Farbe schwingen. Musik, Tanz, Akrobatik und massenhaft Frauen, die er mit all ihren Reizen darstellt, bestimmen seinen weiteren Weg. 

Neben seinen überschwänglichen Lebensstil übersieht er aber nicht die Grobheiten der Welt. Kornbergers Werk lässt auch eine gewisse Gemütstiefe erkennen, wo er lang beherbergte Unruhen und Ängste in seiner Arbeit durchlebt. Als Künstler wendet er sich in seinen Bildern auch an die Menschlichkeit. Er protestiert gegen Krieg und Gewalt. Gesichter und Figuren werden verzerrter, der Mensch verliert das Paradies.

Anfang bis Mitte der 1990er-Jahre wird das Werk wieder heller und farbiger, der Künstler lässt erneut „die Puppen tanzen“ und große Atelierfeste bestimmen seinen Alltag. Leider verändert sich sein Gesundheitszustand zusehens ins Negative. Doch der Künstler bäumt sich noch einmal auf und schafft mehrere großartige Zyklen wie die Insekten- und Schlachthofbilder.

In den letzten Jahren seines Lebens bekommt Kornbergers Werk eine sehr spannende Bedeutung. Die Vielfältigkeit seines Œvres kommt hier besonders zum Tragen. Immer mehr erkennt man die Strömungen seines inneren Kosmos und den Drang, noch so viel wie nur möglich auf Leinwänden oder Papier festzuhalten. In dieser Erneuerung lernt man die Arbeit Kornbergers erst richtig schätzen. Er überwältigt alle irdischen Blockaden und Dogmen und hält sich allein an den gesunden Körpern seiner Modelle fest, die er in einer unglaublichen Spontanität hinsetzt.   

Die letzten, um 2000 entstandenen Bilder, sind die Bilanz aus seinem kompletten malerischen Œvres und beinhalten alle Elemente, die sein Werk bestimmten. In einer totalen Abstraktion hält er Landschaften, Zeus, Insekten, Spiegel, Fliesen, Scheinwerfer und seine Akte fest. Es ist der letzte Auftritt all seiner Akteure, die er noch einmal schablonenhaft in einer hochgespielten Farbigkeit und Lebendigkeit skizziert. Sein allerletztes Bild malt er mit gestikulierenden Armen am Sterbebett – es bleibt jedoch ein imaginäres Geheimnis.

Als Kunsthändler ist es uns besonders wichtig Alfred Kornberger hervorzuheben, da Qualität und Vielfalt seiner Werke einen internationalen Künstler ausmachen. Die musealen und öffentlichen Sonderpräsentationen des Lebenswerkes Alfred Kornbergers sollen als Tribute zu seinem 80er gesehen werden und allen Kunstfreunden und Kunstsammlern den Zugang zu noch nie gezeigten Werken bieten. 

Monika Ziwna (Galerie Ziwna; aus Katalog „Das Spektrum des Universums“; Wiener Künstlerhaus, Wien 2013).

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„Alfred Kornberger, Vater, Freund, Lebemann, Philosoph, Denker und exzentrischer Künstler!"

Wenn Kornberger zu Papier und Stift greift, weiß man dass alles passt, denn die Skizze oder die Zeichnung ist schon längst fertig in seinem Kopf, und er sah es schon am noch leeren Papier, für unser Auge. Dieter Schrage schrieb in einem Kunstartikel „der mit der Malerpratz´n, einer der hinlangt“ und das kann ich wahrhaftig bestätigen, zumal ich unzählige Male meinem Vater zu sah wie er arbeitete und wie er malte. 

Als ich noch jünger war, fragte ich ihn oft, was denn das sei was er da zeichnet, aber es sei schön; da lachte er und sagte mir dass er Figuren aus einem paradisischem Märchen male, die sich mit Insekten und Blumen in einer gemeinsamen Welt zeigten.  Später erkannte ich, dass es sich um einen interessanten Zyklus handelt, stets um das Bedrängnis der Frau als Akt, sei es die Insekten Invasion, sei es Zeus der in der Gestalt eines Fahrades auf die Erde kommt, oder sei es der Affe, der die Weiblichkeit bedrängt und nur seinem innerlichsten Instinkt folgt, aber zu oft auf Abneigung stösst nach dem sich die Frau begünstigt hat. 

Ein tolles Märchen dachte ich mir oder wohl die Wahrheit aus einem anderen Sichtpunkt. Vater wusste genau was er auf Papier oder Leinwand brachte, eine sehr exzentrische Art sich mitzuteilen. Oft aber sah ich ihm in seinem Atelier, nur beim Schreibtisch sitzen und nachzudenken, nachzudenken den Frauen ein Denkmal zu setzen. Und dann sagte er oft, er würde sich hier auf seinem Olymp fühlen, dort wo alles begann und wo alles endet. Er setzte sich sehr mit biblischen Themen auseinander und dachte in weltlichen Weisheiten, wie zum Beispiel zitierte er Kalil Gibran aus dem Garten der Lüste oder griff gedanklich auf die Offenbarung zurück. 

Als ich eines Tages wieder bei ihm im Atelier war, sagte er zu späterer Stunde; komm gehen wir ins Moulin Rouge ! Ich war begeistert, denn ich kannte das Moulin Rouge nur von Erzählungen und von seinen Bildern (Zyklus Moulin Rouge) - und dann durfte ich faszinierend miterleben wie mein Vater die tanzenden Weiblichkeiten live in Malereien umzusetzte. Seit diesen Abend sehe ich die weiblichen Proportionen in einem anderen Licht und von da an verstand ich auch die Ansicht meines Vaters an jedem Frauenkörper etwas erotisches zu sehen.

Man konnte mit ihm über alles reden, er wusste auf alles eine Antwort, wie ein Weiser der über den Dingen steht. Seine eigenen Antworten fand er in seinen Bildern und Zeichnungen, in Themen die er verarbeitete und so für sich keine Fragen offen lies. Erklären konnte oder wollte er seine Bilder nicht müssen, als man ihn oft fragte, was er sich da gedacht habe. Dann sagte er, man solle selbst sehen und sich denken was man sieht. Auch ich bekam oft diese Antwort, bis ich verstand was er ausdrücken wollte. 

Ich kenne zwar nicht zu jedem einzelnen Bild die Geschichte, aber ich spüre zu jedem seiner Werke Vaters emotionalen Hintergrund. „Jeder Strich eine Geschichte, aber wem interessiert das Detail, seht euch des Malers Bild an und macht euch eure eigene Geschichte“ hat Thomas Bernhard geschrieben. Also, schaut euch die Bilder an.
Christian Kornbergrer (aus Monografie „Der Spiegel der Zeiten“ mit einer retrospektiven Übersicht der wichtigsten grafischen Zyklen, Edition Galerie Czaak, Wien 2014).